Justizpalast Brüssel

Joseph Poelaert war in Brüssel ein bekannter Architekt und hatte bereits die Kongress-Säule, das Théâtre de la Monnaie und mehrere Kirchen gebaut. Der Justizpalast sollte die Krönung seines Lebenswerks werden. Es entstand ein gigantisches Gebäude, das die Silhouette der Oberstadt völlig beherrscht, mit 25 000 Quadratmetern Fläche, 665 000 Kubikmetern Rauminhalt, mit Seitenlängen von 180 auf 160 m, einer Kuppelhöhe von 97 m, 27 Sitzungssälen und 245 Amtszimmern.

Säulen, Galerien, Friese, Statuen, Allegorien von Recht und Gerechtigkeit – das Gebäude ist bestückt mit allem, was die Geschichte an Pathosformeln zu bieten hat. Die Nordfassade ist verkleidet mit mächtigen dorischen Säulen- und Pilasterordnungen. An den beiden Seitenfassaden mischt sich der dorische mit dem ionischen und korinthischen Stil, der Südfassade ist eine ionische Säulenhalle vorgelagert, und das alles mischt sich mit Elementen babylonischer und indischer Bauten der Frühzeit.

Alfred Lichtwark, 14. Juli 1892:
»Es ist wohl noch niemals der Eitelkeit ein solches Opfer gebracht wie der Bau des Justizpalastes. Man würde ihn begreifen als Residenz des Königs von Assyrien, der den unterworfenen Völkern begreiflich machen will, was er ist. Aber für die Gerichtshöfe des kleinen garantirten Belgien 3 400 Quadratmeter Baufläche mehr zu spendiren als der Petersdom hat, ist ein starkes Stück (…) Man fühlt sich bedrückt, bedroht zwischen diesen Säulen, deren Basis fast die Höhe eines Menschen hat. Dabei muß man sich in die absoluten Maaße erst mit den Augen und fast mit den Händen hineintasten.«